Neue Studie zeigt Wohnpotentiale auf. Sie liegen in den Agglomerationen mit guter Verkehrserschliessung. Man muss sie nur zu nutzen wagen.

01.10.2025 – Gegenläufige Tendenzen in der Wohnraum-Diskussion: Während die SVP eine Volksinitiative für eine maximal 10 Mio.-Schweiz durchdrücken will (aktuell haben wir neun Millionen), sieht die Bau- und Planungswirtschaft Potenziale der Bewältigung eines für den Schweizer Wohlstand erforderlichen Wirtschaftswachstums.

An einer Medienkonferenz in Wallisellen präsentierte URBANISTICA eine Studie von Sotomo, die nicht nur aufzeigt, wie gross das Verdichtungspotential in der Schweiz ausfällt, sondern auch, wo es konkret stattfinden kann. Die Rede ist von zwei Millionen Menschen zusätzlich. Ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen, im Gegenteil.

Das ist neu. Basierend auf den Kriterien der ÖV-Erschliessung und der Nutzungsdichte liefert die Sotomo-Studie nicht nur das Bauvolumen, sondern auch das Ausmass der möglichen Nutzung als Wohn- und Arbeitsort. Mehr noch: Jede Gemeinde der Schweiz kann sich das massgeschneiderte Entwicklungspotential mit Hilfe einer integrierten Online-App beschaffen.

So wird aus der Sotomo-Studie ein konkretes Instrument, das der Gemeindeexekutive hilft, ihre Entwicklung zu steuern.

Die Daten sind verfügbar bis hinunter in die Ebene der Quartiere. «Das Potential liegt in funktionalen, homogenen Räumen» urteilt Michael Hermann von Sotomo. Und sein Datensatz ist weit gefächert: Abgebildet wird ein Sektorendiagramm mit Elementen wie OeV-Zentralität, Nutzungsdichte, Nahversorgung, Nutzung Bauvolumen, Nutzungsmix, Ruhe, Durchgrünung und Naherholung. Für jede Gemeinde kann ein Spider aufgerufen werden, der für die Sektoren aufzeigt, welchem Ist-Stand auf einer Skala zwischen 1 und 10 sie entsprechen und welches die Nutzungspotenziale sind.

Für mich erstaunlich, wie wenig Räume «angepackt» werden müssen, um eine Entwicklung zu ermöglichen, die Wohnraum für weitere zwei Millionen Menschen schafft. Wenn man die ganze Siedlungsfläche der Schweiz als 100 nimmt sind lediglich auf 30 Prozent davon Veränderungen nötig und nur in 8 Prozent echte «harte» Massnahmen.

Umgelegt auf eine Schweizerkarte sieht die Eingriffsnotwendigkeit noch bescheidener aus (vgl. Bild).

Entwicklung erfolge, so Vittorio Magnago Lampugnani, Professor  em. für Städtebau der ETH Zürich, ein fünfstufiges Vorgehen: Festlegung eines allgemeinen Narrativs, Definition der Gebiete unter Einbezug der Bevölkerung, Festlegung des Mischgrundsatz es von 2:1 bei Wohnen und Arbeiten und ein System der öffentlichen Räume, wo nur die öffentliche Hand anwartschaftlich handeln könne.

Erst nach Fertigstellung eines Masterplans könne man zu den Projekten schreiten. Aber: «Verdichtung darf nicht als Zwangsmassnahme verstanden werden, sondern als Steigerung der Lebensqualität.»

Genau deshalb enthält die Sotomo-Studie das Sektorendiagramm mit den zahlreichen Elementen.

Auftraggeber der Studie ist URBANISTICA, eine lose Vereinigung für guten Städtebau. Sie wurde 2023 gegründet, hat ein Manifest entwickelt, 2024 eine Resolution verkündet, und dieses Jahr eine Raumstrategie 2070 veröffentlicht.

Balz Halter, Verwaltungsratspräsident der Halter Gruppe mit Sitz in Schlieren, ist einer deren Gründerväter und legt denn auch Wert auf die Feststellung, dass jetzt dringend Weichenstellungen erfolgen müssten, um den bisherigen Entwicklungspfad Wohnungsknappheit-Wohnungsnot-Wohnungskrise zu brechen und eine Umkehr zu schaffen. Die Studie trage deshalb den Titel «Gemeinderating» weil es auch darum gehe, die Aufmerksamkeit mit einem Schlüsselbegriff breit zu verankern und den Gemeinden einen Anreiz zu geben, wirkliche Vergleiche anzustellen.