
Erinnern Sie sich? Als die ersten Kreisel aufkamen, da war das revolutionär. Statt Stopp-Strassen und Lichtsignalen setzte man auf flüssigen Verkehr und liess die Autos schluckweise zirkulieren. Während diese Lösungen zu Beginn nur zögerlich angewendet wurden und es jeweils eine Riesensache war, wenn eine Kreuzung auf Kreisel umgestellt wurde, sind diese heute gar nicht mehr wegzudenken.
Oder etwa doch?
Im Kanton Luzern jedenfalls findet offenbar ein Umdenken statt, wie die Luzerner Zeitung vom 31.03.2022 unter dem Titel «Die Rückkehr der Ampel» berichtet. Sieben Verkehrskreisel in Sursee sollen zu Lichtsignalanlagen umgebaut werden. Das Blatt fragt, ob damit das Ende der Kreisel eingeläutet werde. Zu Wort kommt der Luzerner Kantonsingenieur Gregor Schwegler, der die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (Vif) leite. Er zeigt neue Wege auf. So sollen wirklich einige Kreisel im Raum Sursee in Lichtsignalanlagen umgebaut werden, da sie an Kapazitätsgrenzen stossen. In gewissen Zeiten staue sich der Verkehr jeweils in benachbarten Knoten und das gesamte System fliesse nicht mehr, wie Gregor Schwegler erläutert. Da würden Lichtsignalanlagen eine exakte Steuerung und Bewirtschaftung des Verkehrs besser ermöglichen.
Todesstoss für die Kreisel?
Noch ist es nicht ganz soweit. Markus Traber, Chef Amt für Mobilität Kanton Zürich, meint auf Anfrage, Lichtsignalanlagen und Kreisel unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Von einem Todesstoss für die Kreisel würde er nicht sprechen. «Es ist nicht eine Frage von Trends, sondern es geht um die richtige Knotenform am richtigen Ort.» Es gebe Situationen, in welchen ein Kreisel die falsche Lösung ist und es immer war. «Grosse Linksabbiegeströme sind zum Beispiel ein Killer für einen Kreisel.»
Dennoch: Auch im Kanton Zürich werde es Situationen geben, wo wie im Kanton Luzern Kreisel den heutigen Anforderungen nicht mehr genügen. «Dies kann zum Beispiel die ÖV-Priorisierung oder die steigende Verkehrsmenge sein, welche nicht mehr verarbeitet werden kann. Unsere Erfahrung ist aber auch, dass Knoten mit LSA in der Regel einen grösseren Raumbedarf haben. “So haben erste Überlegungen zu einer Kreuzung in Wetzikon gezeigt, dass bei einem Umbau zu einem LSA-Knoten mehrere Gebäude abgebrochen werden müssten, weil sonst der notwendige Raum für die Vorsortierstreifen nicht geschaffen werden kann.»
Vielleicht könnte sich auch die Frage stellen, ob die ganze Zahl der Kreisel in und um Sursee in einem Gesamtbild angeschaut werden könnte, um den Verkehrsfluss zu steigern mit einem offenen Ausgang für die Kreisel im Zentrum.
Auch im Kanton Aargau bestehen ähnliche Absichten wie im Kanton Luzern in Bezug auf die Kreiselsysteme. Wie Carlo Degelo, Leiter der Abteilung Verkehr im Departement Bau, Verkehr und Umwelt auf Anfrage erläutert, «denken wir in die gleiche Richtung wie der Kanton Luzern». Kreisel würden dort Sinn machen, wo aus allen vier Richtungen etwa gleich viel Verkehr zuströmt. Wenn die Hauptrichtung jedoch in Spitzenzeiten sehr viel stärker belastet werde als die Nebenstrecken, komme es zu einem Rückstau. Kreisverkehre erlaubten keine Lenkung oder Bevorzugung einzelner Verkehrsströme wie dies beispielsweise für den öffentlichen Verkehr nötig sein könnte. Wo erforderlich, sei ein Umbau in eine Lichtsignalanlage angezeigt. Je nach Situation – auch zur Sicherung des Verkehrsflusses der Hauptachsen – sind Kreuzungen dann «unter Licht» nehmen, sagt Degelo, will heissen, Lichtsignalanlagen erstellen.
Es geht somit um eine Optimierung von Verkehrsfluss-Lösungen. Dies bestätigt auch Thomas Kieliger, ehemaliger Kantonsingenieur des Kantons Zürich und heutiger Betreiber eines Beratungsunternehmens für Verkehrsfragen. Ein genereller Umbau von Kreiseln zu Lichtsignalanlagen stehe nicht zu erwarten, meint er. Aber in stark belasteten Gebieten hätten Kreisel in der Tat einen Nachteil. Kieliger sieht den Trend der Zukunft in die Richtung von Verkehrsmanagementmassnahmen sich entwickeln. «Neue Strassen werden ohnehin erst wieder gebaut, wenn alle Optimierungen am bestehenden Strassennetz ausgeschöpft sein werden.
Alle Verkehrsprognosen in der Vergangenheit sind durch die Realität überholt worden. Daran dürfte auch der Umstand nicht ändern, dass die Verwendung von Benzin und Diesel durch andere Antriebsmittel ersetzt wird. Strategien zur Bewältigung von Verkehrslawinen dürften somit weiterhin hoch im Kurs sein.
Ihr
Bruno Hofer
06.04.2022