Wenn von Bundesratswahlen die Rede ist und von der Kandidatensuche, wird aus meiner Sicht ein Aspekt zu wenig diskutiert. Die Beurteilung von Bundesräten – und damit die Qualität einer Kandidatur – folgt heute leider im Wesentlichen aus der Art, wie sie vor Publikum auftreten und wie Art sie ihre Vorlagen vor dem Volk erfolgreich durchgebracht haben. Oder auch nicht. So bewertete beispielsweise beim Rücktritt von Bunderätin Simonetta Sommaruga die Neue Zürcher Zeitung wie folgt: Sie habe «Seilschaften im bürgerlichen Lager» ausgelotet, um ihren Vorlagen «zum Durchbruch zu verhelfen.» Allerdings habe sie «drei Abstimmungen in Folge» verloren. Als «Durchbruch» der Bundesrätin wird hingegen gewertet, dass Simonetta Sommaruga Umweltverbände, die Energiebranche sowie die Kantone dazu brachte, der «Blockadepolitik abzuschwören». Auch sei sie «eines der talentiertesten Mitglieder der Landesregierung» gewesen. Dabei wird offengelassen, was damit genau gemeint ist und ob „talentiert“ wirklich ein Attribut ist, das bei Regierungspersonal zur Anwendung kommen sollte oder eher ihr Talent fürs Klavierspielen betraf. Nun, es geht mir an dieser Stelle wirklich nicht darum, die Beurteilung der Neuen Zürcher Zeitung zu debattieren. Journalisten sind frei in ihrer Meinungsäusserung. Worauf ich hinaus will, ist etwas anderes: Bei der Beurteilung unserer Magistratspersonen und damit der Verteilung von Vorschusslorbeeren für Papabili kommt meiner Meinung nach ein Aspekt völlig zu kurz. Niemand spricht davon, dass es bei departementsvorstehenden Persönlichkeiten nicht nur darum geht, politische Strategien zu entwickeln, das Land zu verändern, neue Herausforderungen anzupacken, Allianzen zu schmieden, Kommunikation zu betreiben und Vorlagen im Parlament sowie in Volksabstimmungen zum Durchbruch zu verhelfen. Magistratspersonen müssen auch ganz banal und unspektakulär einen ‘Laden schmeissen’. Ihr Departement nämlich. Wirklich gute Mitglieder der Landesregierung sind auch gut darin, in ihren Departementen das Tagesgeschäft zu steuern und zu beaufsichtigen im klassischen Sinn. Man muss ja nicht so weit gehen, wie damals Bundesrat Otto Stich, dem nachgesagt wird, er habe bei der berühmten EVK-Affaire selber Dossiers von Versicherten der Bundesverwaltung in die Hand genommen, die Renten geprüft, auf Fehler und Schwachstellen abgeklopft und sie korrigiert in das Amt zurückgegeben. Wichtig ist es, dass Magistratspersonen Personal führen können, allfällige Konflikte zwischen Alphatieren in ihren Ämtern moderieren. Ich erinnere mich gut daran, wie die Hackordnung der Ämter im EFD funktionierte. Der Vorsteher der Finanzverwaltung pflegte zu sagen: «Wir sind das Finanzdepartement» als ob es weder eine Zollverwaltung noch ein Personalamt oder ein Bundesamt für Bauten gegeben hätte. Eine von oben her gestaltete menschenfreundliche, inklusive Departementskultur schafft ein «Wir-Gefühl». Was das alles für die kommunale Ebene bedeutet, Sie ahnen es schon, werde in einem späteren Blog beleuchten.

 

Bruno Hofer PM BR Kaspar Villiger 1995-2000