Riniken, 24.09.2024 – Städte wollen mehr Einfluss in der Bundespolitik. Sie fühlen sich schlecht behandelt. Bisher verliefen zwar Bestrebungen für einen Städteartikel in der Bundesverfassung im Sand, doch verstummt ist die Diskussion dazu nicht. Vor allem bei Bundesratswahlen wird regelmässig argumentiert, Städtevertreter seien auch wichtig in der Landesregierung. Entsprechend war der Katzenjammer nach der Nichtwahl von Eva Herzog aus Basel.

Der Stadt-Land-Gegensatz spiegelt sich auch in der Politik. Ländliche Regionen werden weniger deutlich links-grün dominiert als Städte. Gewisse politische Kreise am rechten Rand haben daraus schon ganze Kampagnen konfiguriert.

Der Bundesrat muss der kommunalen Ebene auch immer wieder mal Aufmerksamkeit gewähren. Es kommt dann jeweils zu Berichten. So etwa der Bericht des Bundesrates aus dem Jahre 2015 zur Umsetzung des neuen Gemeindeartikels in der Bundesverfassung, der im Zuge der Totalrevision 1999 eingeführt wurde. Art. 50 BV, die Gewährleistung der Gemeindeautonomie.

Er kommt darin zum Schluss: „Seit Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung wurde die Gemeinde als
Institution gestärkt und die kommunale Ebene als Ganzes in der Verfassung besser
sichtbar gemacht. Die Städte und Agglomerationen sind in den Fokus der Bundespolitik gerückt, ohne dass dies zulasten der ländlichen Räume und der Berggebiete
gegangen wäre.“

Allerdings werden auch Defizite ermittelt: „Trotz der Erfolge gibt es noch verschiedene Mängel und zugleich ein Potenzial
dafür, dass den Anliegen der Gemeinden und der städtischen Gebiete, der Agglomerations- und der Berggebiete bei der Rechtsetzung und bei der Umsetzung noch
besser Rechnung getragen wird. Verbesserungen werden nun vor allem bei der
besseren Vorbereitung von Erlassen in Hinblick auf den Einbezug von Anliegen der
Gemeinden sowie der Städte, der Agglomerationen und der Berggebiete, bei der
raumordnungspolitischen Koordination und bei den statistischen Grundlagen vorgenommen“

Die Parlamentarier Fluri und Germann hatten den Bericht verlangt.

Auch die Wissenschaft kümmerte sich um das Thema. So hat etwa Martin Tschirren aus Bern im Rahmen einer Diplomarbeit über die Weiterentwicklung des Städte und Gemeindeartikels nachgedacht.

Doch nun kommt neue Bewegung in die Diskussion. Nachdem absehbar ist, dass der heutige Präsident des Schweizerischen Städteverbandes, Anders Stokholm auf die nächste Generalversammlung hin zurücktritt (nach einer Amtszeit von nur rund drei Jahren), tut sich dort eine Lücke auf. Waren unter seiner Aegide (er war nicht Mitglied im Parlament) die Städtebelange zu wenig gut vertreten? Sein Vorgänger Kurt Flury, der über ein Jahrzehnt wirkte, war Nationalrat.

Und es gibt nicht wenige Stimmen, die nun im Städteverband einen Ersatz mit einer Person fordern, die im Bundeshaus ein- und ausgeht. Im Schweizerischen Gemeindeverband ist das mit Mathias Zopfi der Fall, wie zuvor schon mit Hannes Germann, Ständerat der SVP aus dem Kanton Schaffhausen.

Die Vertretung der Städte im Bundeshaus neu denken, war offenbar auch die Mission einer Gruppe um die Baselstädtische Ständerätin Eva Herzog. Das Resultat ist die Gründung einer neuen parlamentarischen Gruppe.

Eva Herzog bestätigt auf Anfrage des Kommunal-Newsletters: «Die Parlamentarische Gruppe Städte wurde am 17.9. erfolgreich gegründet!» Eva Herzog ist Initiantin und steht an der Spitze. Sie teilt das Co-Präsidium mit Nationalrätin Céline Amaudruz (SVP/GE), Nationalrat Simone Gianini (FDP/TI), Nationalrat Raphaël Mahaim (Güne/VD), Ständerätin Tiana Moser (GLP/ZH) und Nationalrat Reto Nause (Mitte/BE).

Warum gerade jetzt, warum nicht viel früher und warum überhaupt? Eine parlamentarische Gruppe, die sich der kommunalen Ebene widmet, besteht bereits, und zwar seit 1987. Die «Parlamentarische Gruppe Kommunalpolitik» wird vom Gemeindeverband zusammen mit dem Städteverband geführt. Anlässe finden im Rahmen von zwei Sessionen regelmässig statt. Präsidiert wird die Gruppe von Philipp Kutter (NR/Mitte) und Marianne Maret (Mitte/SR).

Die parlamentarische Gruppe Kommunalpolitik verfolgt den Zweck, gemeinsame Stellungnahmen zu erarbeiten, Ratsgeschäfte zu beraten und die Anliegen der Kommunalpolitik gegenüber Bund und der Öffentlichkeit zu vertreten. Normalerweise findet jeweils in der dritten Woche einer Frühlings- und Herbstsession eine Mittagsveranstaltung statt.

Eva Herzog erläutert die Gründung auf Ihrer Webseite: «Die parlamentarische Gruppe Städte fördert den Dialog über die Anliegen und Herausforderungen des urbanen Raums, besonders der grossen Schweizer Städte. Sie führt mindestens einen Vernetzungsanlass pro Jahr zu einer aktuellen Fragestellung durch, verbunden mit einem Nachtessen, das als Plattform zur Vernetzung dienen soll: zwischen den Mitgliedern der Bundesversammlung, Vertreterinnen und Vertretern der Städte, des Städte- und Gemeindeverbandes und weiteren Gästen.»

Ich meine, die kommunale Ebene kann nicht vielfältig genug gestärkt werden.