Eine Idee aus dem Berner Oberland hat das Zeug, zu einem Paradigmenwechsel für Verkehrslösungen im ländlichen Raum zu führen – und erst noch die Verbundenheit der Menschen und ihr Wir-Gefühl am Standort zu fördern.

Und wie kam das? Erfinder Martin Beutler erzählt: «Als ich in jungen Jahren oft in Sigriswil war, hat es mich immer erstaun, wenn ich an der Bushaltestelle die Leute warten und gleichzeitig die vielen vorbeifahrenden Autofahrer sah.» Daraus sei bei ihm die Idee entstanden, ein System zu entwickeln, das die Erschliessung einer Region durch ihre eigenen Bewohner ermöglicht. Dass das System den Autofahrern einen Incentiv beschert, wenn sie jemandem eine Mitfahrgelegenheit bieten, war von Beginn weg als Respekt vor dieser Form des Mitwirkens gedacht.

Heute ist Taxito ein ausgeklügeltes System. Nehmen wir das Beispiel Luthern im Kanton Luzern. Hier gibt es an einer Haltestelle für Postautos eine Installation, die dem Fahrgast die Möglichkeit bietet, aus einer Auswahl von Zielorten via SMS eine gewünschte Destination zu wählen. Das System registriert die Anfrage und lässt die Wahl bestätigen. Vorbeifahrende Automobilisten sehen die gewählte Destination an der Haltestelle und haben nun die Möglichkeit, etwas zu verdienen. Wenn sie anhalten und den Fahrgast mitnehmen, wird auf deren Autonummer eine Entschädigung verbucht.

«Sehr wichtig ist aber auch der gesellschaftliche Aspekt», meint Beutler. «Durch Taxito kommen Menschen miteinander ins Gespräch, die sonst eher weniger aufeinander aufmerksam geworden wären, obwohl sie mit dem Bezug zum Wohnort eine gemeinsame Basis hätten.» Das Taxito-System ist somit mehr als nur eine Verkehrslösung. Taxito bringt Menschen zusammen. Die Auswirkungen und Folgen dieses positiven Kollateral-Effekts können fast nicht überschätzt werden, meint Beutler.

Bereits an verschiedenen Orten im ländlichen Raum ist das Taxito-System im Einsatz. Neu auch im Raum der Region Lenzburg-Seetal beispielsweise für Mosen, Buttwil und Meisterschwanden.

Beutler ist seit 2004 am Tüfteln an seinem System. Er entwickelt Taxito ständig weiter und passt es auf verschiedene Bedürfnisse an. So existiert für sehr periphere Gegenden auch eine Hybridlösung, die mit einer Kombination von analogen und digitalen Mechanismen funktioniert. Die Kontrolle und die Dokumentierung erfolgt zwar elektronisch via Handy, die Kommunikation des Verkehrswunsches hingegen wird völlig analog gesteuert. «Das spart Kosten und sorgt für einen effizienten Einsatz.»

Für Gemeinden dürfte Taxito somit aus drei Gründen interessant sein. Zum einen , weil dadurch die eigene Region gestärkt wird, dann aber auch weil es das Bedürfnis nach einer Verkehrslösung abdeckt und zum dritten, weil es mithilft, den Zusammenhalt der Bevölkerung zu stärken. Taxito ist somit eine Massnahme der Wohnortförderung als auch der Standortvermarktung. Es erweitert und verbessert die Verkehrsversorgung und steigert die Attraktivität des Standortes.

 

Ihr Bruno Hofer

19.06.2021