Noch ist Rapperswil-Jona die grösste Stadt in der Schweiz mit einer Gemeindeversammlung. Diesen Superlativ mag die Stadt am Zürichsee aber nicht mehr führen. Sie will es allen anderen 458 Gemeinden gleichtun, die über ein Gemeindeparlament verfügen. Allerdings sollen – anders als in einigen Neuenburger Gemeinden – die Gemeinderäte nachher nicht vom Parlament gewählt werden. Am Wahlmodus der Exekutive ändert der Urnengang vom März nichts.

Für Michael Strebel ist der Fall Rapperswil ein Ereignis. Strebel ist Wissenschafter und Verfasser einer Art Monographie über Parlamente in der Schweiz, seine Dissertation.

Darin hat er dokumentiert, dass in der lateinischen Schweiz Parlamente üblicher sind. In Neuenburg gibt es sogar überhaupt keine Gemeinde ohne Parlament. Wohingegen Parlamente in Kantonen wie Uri, Obwalden und Appenzell Innerrhoden überhaupt keine Option sind. Fazit aber ist, dass sich von den eingangs erwähnten 458 Gemeinden nur 79 auf deutschsprachigem Boden befinden.

Auch wenn da und dort die herkömmlichen Gemeindeversammlungen abgeschafft werden wie jüngst in Weggis, ist deren Ersatz durch ein Parlament alles andere als schlank zu bewältigen. So hat beispielsweise die Gemeinde Ebikon als Vorort von Luzern zwar ein Parlament eingeführt, aber es brauchte dafür nicht weniger als fünf Anläufe mit Volksabstimmungen dazu.

Vieles erklärt sich auch historisch, argumentiert Michael Strebel in einem Gastbeitrag im St. Galler Tagblatt vom 30.12.2022. So fänden sich die ältesten Gemeindeparlamente im Kanton Genf.

Als «der letzte Grund» für die Einführung eines Parlaments dient aus Sicht von Strebel die überparteiliche konsensuale Erkenntnis, dass die Mitwirkung sowie die Gestaltungsmöglichkeiten der Bevölkerung bei politischen Entscheidungen gestärkt werden müssten. Und dies vor allem mit einem Parlament möglich ist. Dass also all diese Möglichkeiten mit dem Instrument der Gemeindeversammlung zu wenig zu wenig ausgeschöpft werden können.

Übrigens: Adrian Vatter erwähnt in seinem Buch «der Bundesrat» einen diskutierten Vorschlag im Kanton Neuenburg für die Wahl der Exekutive. In La-Chaux-de-Fonds stand im November 2019 ein System zur Debatte, dass erstens künftig die Exekutive wieder durch das Parlament gewählt würde, wie früher schon und zweitens, dass die Wahl der Exekutive nach einem Modus zu erfolgen habe, der die Parteistärken abbildet und damit konkordanzorientiert ist. Das Modell fiel zwar durch bleibt aber dennoch interessant auch für das Bundeshaus. Man könnte im Herbst nach den Wahlen einfach ausrechnen, welche Partei wie viele Sitze im Bundesrat zugute hat. Entweder basierend auf den Wähleranteil oder den Anteil der Sitze in National- und Ständerat, wobei letztere wohl doppelt gezählt werden müssten, um die Stärke abzubilden.