
Als die US-Firma Biogen sich in Lutherbach im Kanton Solothurn ansiedelte, war es ein grosser Vorteil, dass der Kanton Solothurn vor Ort Landbesitzer war. Dies kürzte Verfahren ab und förderte die Entschlussfreudigkeit. Die damals am 20.12.2014 via Switzerland Global Enterprise eingehende Anfrage bei der Standortförderung erzeugte bereits Mitte Januar 2015 erste Machbarkeitsnachweise. Ende Januar lagen nicht nur erste Pläne vor, sondern schon ein vorzeigbares Modell. Mitte Februar gab Biogen ein erstes positives Feedback. Und bereits am 17.02.2014 genehmigte der Regierungsrat entsprechende Zonenplanänderungen. Ende Mai kam es zum Handshake zwischen der Regierung und Biogen, wie Karl Brander von der Wirtschaftsförderung des Kantons Solothurn in einem Vortrag bei der IG Silbern in Dietikon am 18.09.2017 ausführte. Man muss allerdings auch sagen, dass es sehr wichtig war, dass bereits Vorarbeiten geleistet worden waren. Es existierten Unterlagen zu einer Testplanung aus dem Jahre 2011.
Der Kanton Aargau will offenbar auch rascher und direkter handeln und Einfluss nehmen können. Es hat vor, im Gebiet Sisslerfeld in der Region Fricktal auf einem Areal von 67’500 Quadratmetern aktiv zu werden. In der Medienmitteilung vom 18.05.2021 beschreibt der Regierungsrat diesen «strategischen Landerwerb». Es gehe darum, in diesem «grössten zusammenhängenden und eingezonten Industriegebiet in der Nordwestschweiz» Potenziale zu nutzen. Möglichst rasch soll die Markt- und Baureife erreicht werden. Als Grundeigentümer habe der Kanton die Möglichkeit, die Entwicklung stärker zu fördern. CHF 21,5 Millionen Franken sollen zum Kauf aufgewendet werden. Gemäss Finanzdirektor Markus Dieth soll nun eine «breite politische Diskussion» ermöglicht werden.
Beim Planungs- und Gemeindeverband Fricktal Regio wird dieser «Paradigmenwechsel», wie ihn Geschäftsleiterin Judith Arpagaus bezeichnet, sehr begrüsst. Man war bereits in der Testplanung und Gebietsentwicklung eingebunden. «Hier besteht die einmalige Chance, ein wertschöpfungsintensives Arbeitsgebiet von überkantonaler Bedeutung zu realisieren. Die Standortgemeinden Eiken, Münchwilen, Sisseln und Stein, der Fricktal Regio Planungsverband und der Kanton Aargau haben daher im Dezember 2018 eine Absichtserklärung unterzeichnet. Sie wollen das Gebiet gemeinsam und grenzübergreifend entwickeln.“
Einige Firmen sind aktuell bereits im Sisslerfeld präsent. Dazu gehören etwa Novartis, Syngenta oder die BASF.
Das Engagement des Kantons in der Region könnte auch Konsequenzen haben für die Verkehrsentwicklung. Zurzeit sträuben sich die Amtsstellen vehement gegen die vor Ort gehegten Bestrebungen, die 1990 stillgelegte Rheintalbahnlinie von Winterthur über Bülach und Koblenz nach Basel wieder zu beleben. Kann es sein, dass nun die Haltung aufgeweicht wird? Die Region erwartet dies sicher mit Spannung.
Ihr
Bruno Hofer
27.05.2021