«An der HSG werden Professoren freigestellt. Die Olma ist in Gefahr. Der Stiftsbezirk könnte seine Mumie verlieren. Und sogar die Bratwurst verlässt die Stadt.» So sah neulich eine Schlagzeile in der Neuen Zürcher Zeitung aus. Grund genug für mich, besorgt zu sein, denn ich will, dass es den Städten und Gemeinden in der Schweiz gut geht. Allen, wenn es möglich ist. Was ist in St. Gallen los? Ein näherer Blick auf die Stadt St. Gallen fördert allerdings Positives zutage. So wurde neulich eine Standortförder-Kampagne lanciert, die auf einer Zu- und Wegzügerbefragung basiert. Das finde ich eine so gute Idee, dass ich Samuel Zuberbühler bat, mir ein paar Fragen zu beantworten, die damit zusammenhängen.

Kommunalmanagement: In welcher Art und Weise wurde herkömmlich Standortvermarktung für die Stadt St. Gallen betrieben?

Samuel Zubnerbühler: Bis vor ca. drei Jahren wurden diverse Massnahmen und Kanäle sehr klassisch umgesetzt bzw. genutzt. Die Art und Weise wie wir als Standortförderung kommunizieren hat sich stark verändert.

Welches sind die Ursprünge der neuen Kampagne?

St.Gallen führt alle drei Jahre eine Zu- und Wegzugsbefragung durch. Die Befragung 2019 zeigte sehr deutlich, dass die Vielfalt und die Qualitäten der Stadt St.Gallen von zuziehenden Personen schlechter beurteilt werden als von Menschen, die von St.Gallen weggezogen sind. Die Stadt wird also unterschätzt und das schreit förmlich nach einer stärkeren Marketingkommunikation.

Was ist das Ziel dieser Kampagne?

Die Kampagne zielt demnach auf die Vermittlung der Vielfalt und Qualitäten der Stadt an neue potentielle Zuzügerinnen und Zuzüger sowie Arbeitnehmende und will die jetzigen Einwohnerinnen und Einwohner in ihrer Wohnortwahl bestätigen. Wir haben dazu fünf konkrete Personas definiert: Locals, Heimweh-St.Galler/innen, Worker, Golden Ager und Newcomer. Jede Persona hat konkrete Bedürfnisse und Motive, worauf wir die entsprechenden Botschaften ableiten.

Wer ist Träger dieser Kampagne?

Die Entwicklung und Umsetzung der Kampagne liegt in der Verantwortung der Standortförderung der Stadt St.Gallen. Schon von Beginn weg sind aber auch lokale Unternehmen und Verbände dabei, welche sich als Partner der Kampagne anschliessen können und gegen einen Partnerschaftsbeitrag konkrete Gegenleistungen erhalten. Daraus entstand nun eine regelrechte Community.

Wie lange soll die Kampagne laufen?

Die Kampagne basiert auf einem Verpflichtungskredit, welcher das St.Galler Stadtparlament im Frühling 2021 sprach und bis Ende 2023 investiert werden soll. Da die Kampagne aber derart gut funktioniert, haben wir uns entschieden, diese auch nach 2023 weiterzuführen und unsere Marketingkommunikation komplett darauf auszurichten.

Welches sind die Inhalte konkret? Was passiert wann?

Die Kampagne fokussiert sehr stark auf frischen und relevanten Content rund um den Wohn- und Arbeitsort St.Gallen. Dabei ist die Webseite www.meine-stadt.sg der zentrale Hub, worauf alle Inhalte publiziert sind. Danach werden die Inhalte via diverse Kanäle distribuiert. Hinzu kommen Google AdWords, Medienpartnerschaften und Werbeausspielungen auf den sozialen Medien. Und besonders hier kommen die fünf Personas ins Spiel. Wir können alle Werbemittel sehr spezifisch an die fünf Personas ausspielen, da wir diverse Parameter pro Persona definiert haben. In den ersten beiden Jahren 2021 und 2022 haben wir jeweils eine zweimonatige Kampagnenwelle definiert, in der wir die Massnahmen konzentriert umgesetzt haben. Im dritten Jahr gehen wir dazu über, über das gesamte Jahr immer wieder diverse Massnahmen umzusetzen. Wir schränken uns zeitlich damit weniger ein und können auf saisonale Themen Rücksicht nehmen.

Wie ist vorgesehen, die Zielerreichung der Kampagne zu messen?

Wir haben für jedes Jahr konkrete KPI’s definiert (z.B. Webseitenbesucher, Aufenthaltsdauer, Ausspielungen auf den sozialen Medien etc.). Hinzu kam im 2022 nun die Abfrage in der neusten Zu- und Wegzugsbefragung. Eine Zwischenauswertung der Befragung per Ende Oktober 2022 stimmt sehr positiv. Die Standortkampagne «Sankt» ist zwei von fünf Zuzügerinnen und Zuzüger und jeder zweiten wegziehende Person bekannt. Besonders hervorzuheben ist, dass jede dritte zuziehende Person das Onlineportal www.meine-stadt.sg besuchte. Und bei den zuziehenden Personen, welche die Kampagne kennen, hat jede zweite Person angegeben, dass die Kampagne dazu beitrug, ihr die Qualitäten und Vielfalt der Stadt St.Gallen näherzubringen. Die finale Auswertung der Befragung folgt diesen Sommer. Zusätzlich starten wir noch im Februar 2023 eine Bevölkerungsbefragung, worin wiederum Fragen zur Kampagne enthalten sind.

Vielen Dank für das Gespräch