Es war ein Akt gegen eine empfundene Bevormundung durch den Kanton. Die Hitzkircher Stimmbevölkerung trat nicht auf eine Vorlage ein, die 6,5 Hektaren zurückzonen sollte. Die Rückzonung betrifft 48 Grundeigentümer, einige wenige Ortsansässige wollen bauen, der grösste Teil des betroffenen Bodens liegt in auswärtigen Händen. David Affentranger, der Gemeindepräsident, versuchte vergeblich, die Zusammenhänge aufzuzeigen. Er wurde überstimmt. Und erhielt dennoch am Ende Applaus. Die Hitzkircher stehen weiterhin zu ihrem Gemeindepräsidenten. Sie sind halt fair.
Aber auch hochpolitisch. Sie setzten – ganz unbotmässig – ein Zeichen gegen den Kanton. Wohl wussten die meisten, dass es ein symbolischer Akt ist, durchgezogen würde die Rückzonung trotzdem.
Das Argument, der frühere Gemeindepräsident Cornelius Müller habe früher bereits mit dem Regierungsrat Robert Küng einen Sonderdeal ausgehandelt mit einer grösseren Übergangsfrist, schlug an. Vielleicht auch deshalb, weil Hitzkirch früher mit Regierungsrat Felix Wili selber einen Hitzkircher als Baudirektor hatte?
Oder sind die Hitzkircher und Hitzkircherinnen wohl deshalb etwas aufmüpfiger, weil sie in vergangenen Zeiten Erfahrung hatten mit dem Untertan-Sein als Untertanen des Standes Bern?
Oder dachten sie, ihr Schutzpatron Damian, seines Zeichens Ständerat des Kantons und ein Hitzkircher, würde sie schon retten?
Man mag vermuten. Sicher ist jedoch, dass das Völkchen dieser Gemeinde auch in wirtschaftlichen Dingen sehr politisch denkt. So gab es eine katholische und eine reformierte Beiz wie in vielen Luzerner Gemeinden auch. Das Besondere in Hitzkirch war jedoch, dass um diese gekämpft wurde.
Einmal war der «Engel» die liberale Beiz und das «Kreuz» gegenüber eine katholische. Doch dann gelang es den Liberalen, das Kreuz zu erwerben, worauf sich die KK umgehend mit der Übernahme des Engels rächte.
Nicht immer sind sie aber in ihrem Handeln ganz stringent, weshalb sie im Volksmund auch «Gwagglitaler» genannt werden. Denn im Grunde wissen sie sehr wohl, dass ihr Volksverdikt nicht von Dauer sein wird. Man wird tun müssen, was der Kanton befiehlt. Und hat es trotzdem gemacht, das mit der Opposition.
Dennoch bleibt das Schicksal von Hitzkirch mit einem gewissen schalen Nachgeschmack behaftet, wie ihr Gemeindepräsident David Affentranger – ein Müswanger – im Gespräch zugibt: «Es erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat.» Das Thema Eigentumsgarantie werde relativiert.
Und vielleicht auch ein wenig die Demokratie. Wieso soll über etwas abgestimmt werden müssen, bei dem gar keine Wahlfreiheit besteht? Es besteht zwar die Möglichkeit, frei zu wählen, aber nur wenn das richtige gewählt wird. Darüber darf nachgedacht werden, finde ich.
(Kirche in Hitzkirch, zu erreichen nach Erklimmung von 48 Stufen. Bild: Bruno Hofer)