
Es ist wie so häufig in solchen Dingen: Zuerst herrscht Aufbruchstimmung und Euphorie, man will Grosses schaffen. Dann folgt der Start und es gibt Probleme. Es kommt Sand ins Getriebe und die Sache harzt. Das Projekt gerät ins Stocken und Nutzniessende beginnen, Fragen zu stellen. Die Stimmung dreht, man identifiziert Schuldige und schiesst auf sie. Die Lage eskaliert, es kommt zu unliebsamen Gerichterstattungen in den Medien und was folgt ist eine politische Debatte. Am Ende ist das Vertrauen lädiert und es gibt plötzlich viele Verlierer.
Noch ist es nicht ganz so weit bei einem wichtigen regionalen Luzerner Projekt, aber die Kugel rollt ganz in diese Richtung.
Es geht um ein nobles Vorhaben. Verschiedene Luzerner Gemeinden wollten für ihre Einwohnenden Gutes tun. Das Ziel besteht darin, einen kundenfreundlichen Zugang zu den behördlichen Dienstleistungen herzustellen. Niemand soll zuerst suchen müssen, welche Stelle für eine bestimmte Dienstleistung zuständig ist. Eine Software soll diese Aufgabe übernehmen. Zu diesem Zweck wurde voller Freude ein Projekt gestartet. Ein Service-Portal für Kanton und Gemeinden. Möglicherweise wurde jedoch die Komplexität des Vorhabens von gewissen Beteiligten unterschätzt.
Kurz vor Weihnachten, am 23.12.2021 meldete die Luzerner Zeitung (hier), Agglomerationsgemeinden seien unzufrieden und würden ab April 2022 – so bis dann keine Besserung eintrete – finanzielle Beiträge an das Projekt nur noch auf ein Sperrkonto einzahlen. Eine Gemeinde nahm von Zahlungen sogar bereits komplett Abstand. Die Kritiker bemängeln in einem Brief an den Regierungsrat Unklarheiten bei Rollen, Zielen und Kosten des Projekts.
In einem späteren Zeitungsartikel (hier) wurde es dann konkreter. Es wurde ein Schuldiger identifiziert und an den Pranger gestellt. Und wiederum ein paar Tage später kam es zur politischen Debatte (hier).
Das Beispiel zeigt dreierlei:
- IT-Projekte haben ihre Tücken. Es braucht klare Vorgaben der Projektleitungen und diese tragen die Verantwortung und nicht die externen Dienstleister.
- Smart-City-Projekte – und letztlich handelt es sich beim Online-Zugang für die Bevölkerung um ein Projekt dieser Kategorie – lassen sich nicht als regionale Insellösungen von ein paar Gemeinden konfigurieren. Die Vernetzung funktioniert letztlich überregionale und national.
- Die Schweiz braucht nicht nur für die lokale Ebene eines Digitalisierungsstrategie, sondern – wie Telekommunikations-Experte Thomas Reitze in einem Forumsartikel der NZZ am Sonntag bereits betonte (hier) – endlich eine nationale Kommission.
Eine internationale Studie hat (hier) unlängst der Schweiz ein nicht gerade optimales Zeugnis ausgestellt beim Thema der Digitalisierung. Sie liegt nur auf Rang 10. Israel ist die Nummer eins.
Es gibt Dinge, die sind zwar gut gemeint, übersteigen aber an Komplexität die verfügbaren Bereiche und Ebenen. Gut möglich, dass dies beim Luzerner Projekt der Fall ist. Ein Marschhalt tut not.
Ihr
Bruno Hofer
22.01.2022