Landauf landab wird geklagt: «Wir finden keine Kandidaturen für den Gemeinderat.» Auch für andere Milizämter ist die Bestückung ab und an recht schwierig geworden. Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) hat hierzu vor zwei Jahren sogar das «Jahr der Miliz» ausrufen müssen.

 

Da mutet das, was in Würenlos – einer Gemeinde im Osten des Kantons Aargau – passiert, geradezu anachronistisch an. Für einen Posten, der weder besondere politische Einflussnahme, grosse Macht, reiche Pfründen oder viel Prestige verspricht, haben sich nicht weniger als sage und schreibe fünf Persönlichkeiten beworben.

 

Alles begann damit, dass die Stimmenzählerin Regula Karner-Näf aus Würenlos wegzügelte. Einer von sechs Sitzen im Gremium wurde frei. Daraufhin bewarben sich bis zur gesetzlichen Frist vom 12. August 2022 fünf Personen. Der erste Wahlgang fand am 25. September 2022 statt.

 

Stimmen haben erhalten:

 

Brun Gottfried                                161

Gambon-Zita Antonia                   410

Linde-Giger Gabriela                     302

Moser Emil                                      292

Westermeier Markus                   213

Verschiedene                                  040

 

Niemand erreichte das absolute Mehr. Für den 2. Wahlgang vom 27. November haben sich danach die beiden parteilosen Damen Antonia Gambon-Zita (51) und Gabriela Linde-Giger (60) und der pensionierte SVP-Mann Emil Moser fürs Rennen angemeldet.

 

Es bleibt spannend. Doch spannend könnte auch die Frage sein, wie es dazu kommen konnte, dass so viele Bewerbungen eingingen. Werden hier Grabenkämpfe ausgefochten? Mag man sich hier das Zahnweh nicht gönnen? Oder ist die Vielfalt Ausdruck tiefgreifender politischer Unruhe? Wohl kaum: Neben Vandalismus in der Waldhütte und dem desolaten Zustand des Skate-Parks gibt es soweit ersichtlich keine negativen Medientenor. Und dass der Strom vor ein paar Tagen ausgerechnet auch in Würenlos ausfiel hat auch nichts mit der Gemeinde zu tun.

 

 

Nein, nichts von alledem. Eine Nachfrage beim Gemeindeschreiber Daniel Huggler ergibt einen relativ einfachen sachlichen Befund. «Die Situation mit der Ersatzwahl Stimmenzähler ist sicherlich ein Sonderfall, den wir so auch noch nie hatten (für dieses Amt).» Aber man dürfe sagen, dass es in der Gemeinde Würenlos bislang tatsächlich nie ein Problem war, Personen für Behörden und Kommissionen zu finden.

 

Warum das? Anton Möckel, der Gemeindepräsident, führt das Engagement in seiner Gemeinde auf das jahrzehntelange Bemühen zurück, stets alle Kreise der Bevölkerung einzubeziehen. «Das ist uns ein Grundanliegen. Gerade wir alten», meint Möckel, «haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass auch Junge in verantwortungsvolle Positionen ermuntert werden könnten. Die Pensionierten müssen ihre Söhne und Töchter motivieren, so bleibt eine Gemeinde lebendig.» Wenn die Alten unter sich einen Pakt des Machterhalts schlössen, führe das zu Entmutigung. Offenheit sei in Würenlos auch bei Neuzuzügerinnen und Neuzuzügern gegeben. «Es gereicht bei einer Kandidatur niemandem zum Nachteil, nur erst kurze Zeit in der Gemeinde anwesend zu sein.»

 

Diese Grundhaltung findet Roger Brunner wertvoll. Brunner ist Inhaber der Beratungsagentur CycloConsulting GmbH und hat sich unter anderem stark spezialisiert auf die strategische und haltungsorientierte Gemeindeentwicklung. «Ich stelle in meinen Mandaten immer wieder fest, dass die Wertediskussion zu kurz kommt. Man will gleich Nägel mit Köpfen machen. Dabei ist es doch wichtig, die Gemeindewerte für alle im Konsens zu fassen – strategisch, strukturell und kulturell.»

So kommt es also am 27. November dieses Jahres zur Stichwahl. Eine Wahl ist jedoch bereits erfolgt: Jene zur Schaffung einer Gemeinde-Kultur die Pilotcharakter hat.