Halteplätze zu schaffen für Fahrende Menschen wie Jenische, Sinti und Roma ist eine Pflicht von Kantonen und Gemeinden. Hierzu sind Internationale Abkommen in Kraft, die auch die Schweiz unterzeichnet hat. Weil es aber nach wie vor zu wenige Halteplätze gibt, hat nun die Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende mit Unterstützung des Bundes ein praxisnahes Handbuch publiziert, das die Kantone und Gemeinden in der Planung und im Betrieb von Halteplätzen unterstützen soll.

 

Dieses legt zuhanden der Behörden nun erstmals Standards für die Qualität der Halteplätze fest und zeigt mit konkreten Handlungsempfehlungen Lösungen auf. Zudem wird den verschiedenen raumplanerischen und baurechtlichen Fragen Rechnung getragen. Gleichzeitig hat das Bundesamt für Kultur eine Wegleitung für die finanzielle Unterstützung der Kantone und Gemeinden bei der Schaffung von Halteplätzen für Fahrende herausgegeben.

 

Sinti, Roma und Jenisch seien eine national anerkannte Minderheit in der Schweiz, schreibt Christoph Neuhaus, Stiftungsratspräsident Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende und Regierungsrat Kanton Bern im Handbuch. Es gehe letztlich «um das Wohl der Menschen auf den Plätzen und um die Verantwortung von uns allen – für ein friedliches Miteinander.»

 

Verschiedene internationale und nationale Übereinkommen und Gesetzgebungen verpflichten die Schweizer Behörden, den fahrenden Jenischen, Sinti und Roma Halteplätze zur Verfügung zu stellen. Es herrscht jedoch ein grosser Mangel an Halteplätzen: Schweizweit fehlen 20 bis 30 Standplätze und rund 50 Durchgangsplätze für die fahrenden Schweizer und Schweizerinnen sowie 10 Transitplätze für ausländische fahrende Roma. Handlungsbedarf besteht in fast allen Kantonen, heisst es in der Einleitung zum Handbuch.

 

Warum hat es so lange gedauert, bis ein solches Handbuch geschaffen wurde? Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende verweist auf eine periodische Publikation, die das Thema erörtert habe. So erscheine seit dem Jahr 2000 alle fünf Jahre der sogenannte «Standbericht». «Darin zeigen wir jeweils, wie viele Halteplätze es gibt und bewerten, ob sie überhaupt benutzbar sind.» Weiter zeige dieser Bericht auf, wie viele Plätze in welcher Region geschaffen werden müssen. Darüberhinaus habe die Stiftung «schon verschiedene Publikationen veröffentlicht, die Informationen weitergeben, wie Plätze gebaut und betrieben werden sollen. Bei der Erarbeitung des letzten Standberichts 2021 wurde dann aber deutlich, dass es nun ein umfassendes Handbuch braucht.» Zudem seien Kriterien notwendig, nach welchen die Bundesgelder fliessen sollen.

 

 

Im Grunde ist es eine Sache der Raumplanung. «Die Raumplanung hat die Aufgabe, die Bedürfnisse der fahrenden Jenischen, Sinti und Roma zu berücksichtigen, damit sie ihre Lebensweise weiter pflegen können. Bezieht sie ihre Nutzungsansprüche nicht ein, läuft die Raumplanung Gefahr, ihnen – wenn überhaupt – lediglich unwirtliche Standorte zu überlassen und sie damit an den Rand der Gesellschaft zu drängen.»

 

Das Handbuch teilt die Halteplätze in folgende Typen ein:

 

Standplatz: Die meisten fahrenden Schweizer und Schweizerinnen verbringen den Winter auf einem Standplatz, meist in fest installierten, kleinen Holzchalets, Wohncontainern oder auch im Wohnwagen. Die Bewohner und Bewohnerinnen eines Standplatzes hinterlegen ihre Schriften bei der Standortgemeinde und haben hier ihren festen Wohnsitz.

 

Durchgangsplatz: Von Frühling bis Herbst sind die fahrenden Jenischen und Sinti in Gruppen unterwegs. Dazu sind sie auf Durchgangsplätze angewiesen, die rund zehn bis zwanzig Stellplätze für Wohnwagen haben. Sie halten sich dort wenige Wochen auf und besuchen von diesen Plätzen aus ihre Kunden und Kundinnen. Die Durchgangsplätze werden oftmals von den kommunalen oder kantonalen Behörden, in seltenen Fällen von Privaten, betrieben und sind mit der notwendigsten Infrastruktur wie Strom, Wasser, Abwasseranschluss und Toiletten ausgestattet.

 

Transitplatz: Die vorwiegend auf ausländische fahrende Roma ausgerichteten Halteplätze werden als Transitplätze bezeichnet. Diese sind meist grösser dimensioniert als die Durchgangsplätze und bieten in der Regel für 20 bis 40 Wohnwagen Platz. Bezüglich ihrer Infrastruktur und dem Betrieb sind sie mit den Durchgangsplätzen vergleichbar.

Daneben gibt es noch den Spontanhalt, doch dieser ist – obwohl die urtümlichste Form des Reisens – explizit nicht Teil dieses Handbuchs.