Riniken, 16.09.2024 – Wenn man Standortförderungen fragt, kriegt man fast immer dieselbe Antwort: Nein, Geld für Ansiedlungen nehmen wir keines in die Hand. Auch nicht, um Firmen hierzubehalten, wenn sie einen Wegzug planen. Wir überzeugen durch guten Service. Oft heisst es, finanzielle Sonderbehandlungen seien mit dem Prinzip der Gleichbehandlung nicht vereinbar. Diese Doktrin ist fast überall gleich.

In der Theorie…

Doch manchmal ist sie an einem Ort etwas gleicher. Und diese Orte sind nicht selten. Massnahmen zur  Ansiedlungsunterstützung können sein:

Steuer-Rulings: Neben den aktuellen Steuertarifen ist auch das Verschieben von Steuerlasten in die Zukunft ein Standortfaktor. So werden zum Beispiel Abschreibungsmodalitäten etwas  flexibler als „nötig“ gehandhabt und mit den Behörden vereinbart.

Tempo: Je rascher eine Anfrage zu einer konkreten Ansiedlung führt, desto schneller können Umsätze generiert werden. Dazu notwendig ist eine klare Vorstellung davon, wofür eine bestimmte Parzelle nutzbar ist. Hierzu kann vorgängig eine Testplanung mit Ideenkonkurrenz sinnvoll sein. Eine unbürokratisch rasche Begleitung bei Gründung oder Sitzverlegung schafft Wettbewerbsvorteile. Auch eine effiziente Behandlung von Baugesuchen kann hilfreich sein.

Flankierende Massnahmen: Eine Bushaltestelle an einem Unternehmensstandort kann auch als indirekte Fördermassnahme gesehen werden, die sich letztlich auch finanziell auswirkt.

Für Remo Daguati, Präsident von Netzwerk Standort Schweiz (ehemals SVSM, Schweizerische Vereinigung für Standortmanagement) und mit seiner Firma LOC im Bereich der Standortförderung tätig, ist das Pricing «die Summe aller Werte, die ein Kunde bereit ist, auszugeben, um von Nutzen eines Standortes zu profitieren das Entscheidende bei einer Standortwahl».

Eher weniger häufig ist das, was in Saanen geschehen ist. Die Gemeinde gibt faktisch gratis Bauland ab. Zur Debatte stand ein Grundstück im Wert von rund CHF 2,7 Mio. Formell wurde es einem Interessenten verkauft, der vor Ort ansässig und angesehen ist. Im Anschluss daran wurde dem neuen Eigentümer ein Betrag zugesichert, der exakt dem Kaufpreis entspricht. Nutzniesser wäre das Institut Le Rosey gewesen, eine Bildungsinstitution.

Toni von Grünigen, Gemeindepräsident von Saanen begründet auf Anfrage dieses Newsletters. «Seit über hundert Jahren verbringt das Institut einen Teil des Jahres im Wintercampus in Gstaad und Schönried. Oftmals verbringen ganze Familien die Zeit während dem ihre Kinder zur Schule gehen in der Region. Das Institut Le Rosey ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für unsere Region. Die Schüler erleben hier eine unvergessliche Zeit und diese bindet sie an Gstaad. Viele von Ihnen kommen später wieder mit ihren Familien zu uns zurück.»

Das Beispiel erinnert ein bisschen an das internationale Genf. Zahlreiche internationale Organisationen sind hier angesiedelt und die Immobilienstiftung FIPOI wird durch die Eidgenossenschaft immer wieder mit Krediten geäufnet, was weitherum unbekannt ist, aber fast in die Milliarden geht. 

Jedenfalls hatte das Institut gemäss Aussagen des Gemeindepräsidenten auch Angebote von anderen Regionen, um ihr Bauvorhaben umzusetzen. «Ob das Le Rosey weggezogen wäre kann ich nicht beurteilen.»

Der Betrag von rund CHF 2,7 Millionen entspricht 2,7 Prozent des Budgets der Gemeinde Saanen.

Doch die Gemeindeversammlung lehnte am 13. September 2024 das Gesamtpaket (Verkauf plus Zustupf) ab. Der Entscheid ist auch aus Standortfördersicht durchaus nachvollziehbar. 

Bild: Symbolbild KI