Riniken, 16.12.2024 – Die Feuerzahngenbohle mit Heinz Rühmann ist ein Film, der vielen noch immer im Gedächtnis ist. Genau dieser Filmtitel kam mir in den Sinn, als ich neulich von der Feuerschaugemeinde erfuhr. Ja, so etwas gibt es tatsächlich in der Schweiz. Es ist ein Unikum. Und wen wunderts? Das Unikum ist im Appenzell beheimatet.

Die Schweiz hat noch rund 2000 Gemeinden. Politische Gemeinden. Hinzu kommen zahlreiche Sonderinstitutionen. Wir haben neulich hier über einige berichtet. Aber es gibt noch mehr.

So zum Beispiel die Appenzeller Feuerschaugemeinde. Sie wurde erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1595 erwähnt. Vermutlich war sie eine Folge des Grossbrandes von 1560, als Appenzell in einem Föhnsturm fast vollständig zerstört wurde. Ursprünglich war sie im Einsatz zur Brandwacht und als Brandbekämpfung. Das Schutzgebiet umfasste neben Appenzell auch einige Aussenquartiere.

Heute ist sie neben der Feuerwehr auch zuständig für die Energie- und Wasserversorgung und verfügt über einen tatkräftigen Verwaltungsapparat mit Fachkräften aus verschiedenen Branchen. Auch die Kommunikation ist modern. Die Feuerschaugemeinde von Appenzell verfügt sogar über einen Instagram-Kanal mit über 500 Followern.

Die Feuerschaugemeinde wird geleitet von der Feuerschaukommission und hat ihren Sitz in Appenzell. Das oberste Organ der Feuerschaugemeinde ist die sogenannte Dunkeversammlung, die jährlich tagt und alle Stimmberechtigten einbezieht.

Der Begriff «Dunke» rührt daher, dass an der jährlichen Feuerschau alle Bewohner ihre Löscheimer inspektionshalber mitbringen mussten, um sie ins Wasser zu tauchen und deren Dichtigkeit zu prüfen. Längerer Nichtgebrauch führte nämlich dazu, dass die hölzernen Eimer von der Trockenheit Risse bekamen und Flüssigkeit durchliessen. «Das beste Mittel (dagegen) ist das Dünken in Wasser oder Anfüllen mit Wasser», wie kein Geringerer als Nikolaus Senn 1950 in seiner Dissertation zur Feuerschaugemeinde schreibt. Der spätere SBG-Generaldirektor hatte sich in jungen Jahren auf rund 120 Seiten mit der Thematik vertieft beschäftigt.

Man sei sich bewusst, so Hanspeter Koller, aktueller stellvertretender Betriebsleiter der Feuerschaugemeinde, dass diese Institution ein Unikum in der Schweiz darstelle. Sie nehme jedoch gestützt auf kantonale Gesetze und Verordnungen auf einem Teil der zwei Bezirksgebiete von Appenzell und Schwende die kommunalen Aufgaben einer Bau- und Planungsbehörde sowie der Feuerwehr wahr.

Versucht man jedoch weitere Persönlichkeiten mit dem kuriosen Anachronismus zu konfrontieren, und um Meinungen zu fragen stösst man rasch auf einen ähnlich diskreten Umgang wie beim Appenzeller Käse, dessen Rezept bekanntlich sehr gut gehütet wird. Selbst Carlo Schmid etwa, früherer Ständerat und vielfacher Landammann in Appenzell, meint auf Anfrage dieses Newsletters lediglich, dass die Feuerschaugemeinde etwas Besonderes sei, sich im Rahmen der Gesetzmässigkeit bewege er aber im weiteren dazu keine Ausführungen machen könne.

Eine Abschaffung, beziehungsweise eine Integration in eine neu zu schaffende «normale» politische Gemeinde stand zwar im Rahmen einer geplanten Fusion der Bezirke im inneren Landesteil in den 60er Jahren schon mal zur Diskussion, wurde aber nach deren Scheitern nicht weiterverfolgt. Seit 2024 ist sie sogar aufgewertet, erhielt sie doch im Rahmen einer Landsgemeinde sogar Verfassungsrang.