
Eine gute Freundin von mir hat mir neulich eine Geschichte erzählt, die ich Euch gerne weitererzählen möchte. Es geht um das Thema SmartCity und Digitalisierung.
Kommunalmanagement: Worum ging es denn konkret?
Susi Müller[1]: Ich musste die Kopie einer Steuererklärung des Jahres 2020 beschaffen.
Kommunalmanagement: Ja, hatten Sie diese denn nicht in ihren Unterlagen?
Susi Müller: Nein, ich reichte die Steuererklärung elektronisch ein. Und hatte mit keine Kopie davon gemacht.
Kommunalmanagement: Gut, Sie schickten also ihrer Gemeinde eine Mail und verlangten die Steuererklärung als pdf, oder?
Susi Müller: Genau, das tat ich. Aber es klappte nicht.
Kommunalmanagement: Erhielten Sie denn keine Antwort auf die E-Mail?
Susi Müller: Doch, sehr rasch sogar, der Service klappte ausgezeichnet.
Kommunalmanagement: Aber was klappte dann nicht?
Susi Müller: Man beschied mir, dass ich persönlich am Schalter zu erscheinen hätte.
Kommunalmanagement: Aus rechtlichen Gründen?
Susi Müller: Nein, man schrieb mir, man schicke solche Dokumente nicht, sondern gebe diese nur vor Ort direkt unter Begleichung eines Betrages von CHF 20.- heraus.
Kommunalmanagement. Was taten Sie dann?
Susi Müller: Ich klärte auf der Webseite der Gemeinde die Öffnungszeiten ab.
Kommunalmanagement: Sehr klug! Und dann?
Susi Müller: Beschloss ich hinzugehen.
Kommunalmanagement: Und was geschah dann vor Ort? Gab es ein offenes Ohr für Ihr Anliegen?
Susi Müller: Ja durchaus. Die Person am Schalter war sehr freundlich. Ich sagte, ich hätte geschrieben wegen einer Steuererklärung. Sie fragte nach Namen und Geburtsdatum und begann in vorhandenen Kästlis zu nuschen, ob schon jemand einen Ausdruck vorgenommen hatte. Als sie nichts fand, rief sie im Büro in die Runde ob schon jemand für Frau x den Ausdruck vorgenommen hätte. Erstaunte Gesichter. Anschliessend verliess die freundliche Schalterperson den Raum und kam später wieder zurück mit der Bemerkung, es wisse niemand was.
Kommunalmanagement: Mussten Sie dann wieder gehen, unverrichteter Dinge?
Susi Müller: Nein, ich zückte das Handy und gab Einblick in die Mail jener Person, die mir beschieden hatte, dass ich persönlich vorzusprechen hätte und CHF 20.- zu entrichten hätte.
Kommunalmanagement: Das hätten Sie doch auch gleich zu Beginn tun können.
Susi Müller: Das stimmt eigentlich. Das nächste Mal wähle ich dieses Vorgehen, danke für den Tipp. Jedenfalls hellte sich die Miene der Person am Schalter auf und sie verliess erneut den Raum. Kam anschliessend aber zurück mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck. Die Person war nicht da.
Kommunalmanagement: Hatte Sie das erstaunt?
Susi Müller: Nicht wirklich. In der Mail die ich zeigte, stand im Disclaimer der Hinweis, die Person sei nur an bestimmten Wochentagen da, zu der der aktuelle nicht gehörte.
Kommunalmanagement: Ging der Prozess dann dennoch weiter?
Susi Müller: Ja, die freundliche Person am Schalter nahm das Heft selber in die Hand und begann Anstalten zu treffen, das Dokument auszudrucken. Doch das System war etwas langsam. Sie sagte, sie müsse jedes Blatt der umfangreichen Steuererklärung einzeln ausdrucken, was halt dauere. Ich bot an, einen Kaffee trinken zu gehen und dann später vorbeizukommen, was die Person am Schalter eine gute Idee fand. Aber es kam mir noch eine bessere Idee.
Kommunalmanagement: Und was war das für eine?
Susi Müller: Ich stelle die Frage, ob ich jetzt zahlen könne und man mir das Dokument doch einfach als pdf an meine e-mail Adresse senden könne?
Kommunalmanagement: Eine kluge Frage! Was war die Antwort?
Susi Müller: Die Antwort war ja. Ich fragte dann weiter, bis wann ich mit der Zustellung rechnen könne? Die freundliche Person am Schalter meinte, das hänge davon ab, wie viele Menschen an den Schalter kämen in den nächsten Stunden. Sie müsse nämlich wie bereits gesagt, jedes Blatt der umfangreichen Steuererklärung einzeln ausdrucken und dann je wieder einzeln einscannen.
Kommunalmanagement: Das soll wohl ein Scherz sein?!
Susi Müller: Nein, das war ihre Antwort. Als ich fragte, ob ich – es war morgens ca. um 9 Uhr – damit rechnen könne, bis zum Ende des Tages das Dokument in Empfang nehmen zu dürfen, meinte sie, das sei das Ziel.
Kommunalmanagement: Das ist ja wunderbar!
Susi Müller: Ja, das fand ich auch und zückte meine Bankkarte, um die CHF 20.- zu bezahlen. Doch das ging nicht. Die freundliche Person am Schalter wies mich daraufhin, dass hier nur mit Bargeld bezahlt werden könne. Glücklicherweise bin ich für solche Fälle vorbereitet und es war möglich, mir auf CHF 100 Franken herauszugeben.
Kommunalmanagement: Wie lange mussten Sie dann am Ende warten, bis das Dokument als pdf eintraf?
Susi Müller: Da war ich echt erstaunt. Es ging kaum eine halbe Stunde, da hatte ich das pdf bereits in der Mailbox und konnte es an meinen Treuhänder weiterleiten.
Kommunalmanagement: Ein richtiges Happy End!
Susi Müller: Ja. Vor allem deshalb, weil mir versichert wurde in der Mail, die das pdf als Anhang enthielt, dass mir die Papier-Ausdrucke noch per Postcouvert ebenfalls zugestellt würden. Ich war glatt versucht, noch vor der Mittagspause eine Champagner-Flasche aufzumachen.
Kommunalmanagement: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche und interessante Gespräch. Die Episode zeigt, dass SmartCity und Digitalisierung wirklich in den Schweizer Gemeinden flächendeckend angekommen sind. Es wird sicher bald ein Firmensterben in der Branche auslösen. Möchten Sie mir den Namen der Gemeinde nennen, die es hier betrifft?
Susi Müller: Lieber nicht. Ich denke, wen es betrifft, wird es schon selber merken.
[1] Name von der Redaktion geändert