Riniken, 23.08.2024 – Als Mathias Zopfi im Jahre 1983 in Engi zur Welt kam, sprach noch niemand davon, dass die Zahl der Gemeinden im Kanton Glarus auf drei zusammenschmelzen würde. Und als der Heranwachsende Geschichte studieren wollte, riet ihm seine Mutter davon ab. Jurisprudenz habe mehr Gehalt, urteilte sie und verwies auch auf den Grossvater, dem ein solches Studium umständehalber noch verwehrt gewesen war. Dennoch war der junge Mann aus dem «Chlital», so nennt sich das Glarner Sernftal mit den früheren Gemeinden Elm, Matt und Engi heute noch, bereits als Student Mitglied im Gemeinderat. So ist es denn auch kein Zufall, dass der passionierte Jasser Mathias Zopfi, als die Karten neu gemischt wurden, um die künftige Crew des Gemeindeverbandes zu gestalten, ganz zuoberst auf dem Stapel landete. Jetzt ist er deren Präsident und freut sich: Nicht zuletzt auch auf die Kontakte zur welschen und italienischen Schweiz.

Herr Zopfi, Ihr Vorgänger Hannes Germann war ein SVP-Vertreter, Sie sind bei den Grünen. Müssen sich Schweizer Gemeinden auf etwas gefasst machen?

Mathias Zopfi: Aus meinen Erfahrungen im Gemeinderat weiss ich, dass Probleme lösen vor der Parteipolitik kommt. Und was meine grüne Parteifarbe betrifft, so bin ich skeptisch mit Etiketten. Ein Freisinniger aus dem Sernftal wäre auch nicht gleichzusetzen mit einem vom Zürcher Paradeplatz. Ich bin im Herzen ein konservativer Mensch, aber im Kopf vorwärtsgerichtet unterwegs. Ich werde jedenfalls den Schweizerischen Gemeindeverband nicht auf links-grün umpolen. Im Vorstand sind wir breit abgestützt und wir agieren als Team.

Glarus ist, was Gemeindeorganisation betrifft, ein Sonderfall und vielleicht auch ein Vorreiter. Seit einem Überraschungsakt an einer Landsgemeinde gibt es nur noch drei statt insgesamt 68 Einwohner-, Schul-, Fürsorge- und Ortsbürgergemeinden. Werden Sie dieses Modell nun auch im Gemeindeverband beliebt machen?

Mathias Zopfi: Ich war damals gegen diese Fusion. Und zwar vehement. Später änderte ich meine Meinung. Auch, weil man in Glarus Landsgemeindeentscheide akzeptiert und nicht nachjasst. Fusionen können funktionieren, sie sind auch wichtig. Man sollte sie aber auch nicht überschätzen. Wo in einer überschaubaren Klein-Gemeinde ein Top-Trio mit Gemeindepräsidentin, Gemeindeschreiber und einem tüchtigen Werkmeister am Werk ist, da ist die Autonomie die beste Alternative. Aber man muss diese Leute finden. Realistisch einschätzen muss man den Spareffekt durch Fusionen. Als Gemeinderat von Glarus Süd habe ich gemerkt, dass es mittelfristig nicht unbedingt billiger wird. Aber man hat mehr Ressourcen. Zudem geht natürlich einiges an Zusammenhalt verloren. Das kann man mit lebendigen Dörfern kompensieren. Sie sehen, mein Verhältnis zu Fusionen ist ein differenziert-kritisches. Es kommt im Einzelfall auf die Gewichtung dieser Aspekte an.

Also nicht auf Grün umstellen und nicht durchfusionieren. Wo setzen Sie Ihre präsidialen Schwerpunkte? Als Dienstleistungsträger für die Gemeinden oder als deren politischer Arm im Bundeshaus?

Mathias Zopfi: Ich will den Gemeinden nicht in ihrer Arbeit reinreden, aber Hilfe leisten. Der Schwerpunkt liegt für mich aber dort, wo die Gemeinden nicht direkt selbst wirken können, also in der parlamentarischen Arbeit im Bundeshaus.

Gemeindeautonomie scheint für Sie einen hohen Stellenwert zu besitzen. Dann haben Sie also Verständnis dafür, dass Solaranlagen bei Gemeinden auf Ablehnung stossen?

Mathias Zopfi: Da muss ich unterscheiden. Ich begrüsse als Grüner Massnahmen zum Schutz des Klimas und eine neue Energiepolitik. Doch Bund und Kantone dürfen mit solchen Vorhaben nicht über die Köpfe der Gemeinden hinwegregieren. Dort setze ich eine Grenze. Ich möchte die Autonomie der Gemeinden stärken.

In welcher Weise?

Mathias Zopfi: Gemeindeautonomie hat zwei Seiten. Es geht nicht nur darum, das Reinreden von oben zu unterbinden. Gemeinden müssen in die Lage versetzt werden, Dinge auf kommunaler Ebene leisten zu können. Dann müssen sie es aber auch tun. Es darf nicht sein, dass Aufgaben, die vor Ort geregelt und erledigt werden können, aus Bequemlichkeit an eine übergeordnete Instanz verschoben werden.

Vielen Dank für dieses Gespräch.

Mathias Zopfi ist nicht nur ein begeisterter Jasser, er ist auch sehr belesen und im Übrigen ein Fan von Mani Matter. Dessen Art, subtile politische Botschaften in seinen Liedern zu verpacken, sagt ihm sehr zu. Auch folgt er gerne Referaten von Walter Turnherr und findet im Übrigen, der langjährige Glarner Landammann Eduard Blumer (1848 – 1925) habe ein Denkmal verdient.

Und so nehme ich dann um 12:14 dankbar den Direktzug Glarus-Zürich, der dank einem Vorstoss dieses Glarner Ständerates erhalten bleiben soll.