Der Weltwoche-Chef hätte am 1. August in Spreitenbach eine Rede halten sollen. An der Offiziellen Bundesfeier, die der Gemeinderat organisiert hatte. Doch dann gab es eine Gewaltdrohung. Die Rede war vom Einsatz von „legalen Wurfgeschossen.“ Der Gemeinderat lud Roger Köppel aus. War das richtig?
Man könnte sagen nein, denn es geht nicht an, mit einem Brief zu verhindern, dass jemand seine Meinung kundtun kann. Da könnte ja jedermann eine Drohung einsenden gegen eine ihm nicht genehme Person und schwups, wäre das Ziel erreicht. Mundtot. So geht Demokratie zugrunde.
Man muss aber wohl sagen Ja, denn die Verantwortung einer Gemeindebehörde ist da: Sie muss Gefahren abwehren. Man stelle sich vor, was passiert wäre, hätte jemand Gewalt gegen Roger Köppel angewendet. Es hätte geheissen: Der Gemeinderat hat es gewusst, aber nichts dagegen unternommen. Die Folgen wären unabsehbar gewesen.
Aber für mich bleibt ein schaler Nachgeschmack. Einen Brief schreiben mit einer Gewaltandrohung ist rasch gemacht. Jeder könnte das tun, ob er es wirklich ernst meint oder nicht. Anderseits haben wir bei Shinzo Abe gesehen, wie rasch und unerwartet es gehen kann. Hier sogar aus heiterem Himmel. Solche Drohungen nehmen zu. Gemäss einer Statistik des Fedpol, die in CH-Medien veröffentlicht wurde, gab es 2021 nicht weniger als 1215 solche Drohungen. 303 mehr als ein Jahr zuvor. Eine Zunahme von fast einem Drittel. 120 davon wurden wirklich als gefährlich eingestuft.
Aber hätte man Köppel nicht schützen können? Jede Person des öffentlichen Interesses steht mehr oder weniger in ständiger Gefahr. Hier stellt sich jedoch die Frage nach der Verhältnismässigkeit des Aufwandes. Latente Drohungen gibt es vielerorts, man denke nur zB. das WEF in Davos. Doch der Schutzaufwand ist riesig. Für eine Gemeinde wie Spreitenbach wohl kaum zumutbar.
In den diversen online-Kommentaren scheint mir der Tenor vorzuherrschen, dass eine Solidarität mit Köppel besteht auch bei jenen, die nicht seine Auffassungen teilen. Nicht selten werden jedoch leider auch Stellungnahmen beobachtet, die von Auswandern reden. Das scheint mir etwas übertrieben. Immerhin: In Gipf-Oberfrick und Dürrenäsch konnte Köppel auftreten wie geplant. Es kam zu keinerlei Zwischenfällen. Aber auch zu keinen Drohungen im Vorfeld.
Man kann also nicht sagen, hier sei jemand mundtot gemacht worden. Köppel konnte sprechen und vom Untergang von Demokratie und Redefreiheit müssen wir nicht sprechen. Es gilt, die Relationen zu bewahren.
Alles in allem denke ich, der Gemeinderat von Spreitenbach hat richtig und klug gehandelt.
Ihr
Bruno Hofer
Kommunal-Insider
01.08.2022