Tobias Straumann brachte mich auf die Idee. Immer wieder heisst es ja: Standortförderung sei nicht nötig. Sie koste bloss Geld und bringe nichts. Das heisst, eine Gemeinde oder Region müsse nichts investieren, um über die Entwicklung der Zukunft nachzudenken.

Doch nun tönt Tobias Straumann in der NZZ am Sonntag an, dass sich das Tessin vom Armenhaus der Schweiz nach dem zweiten Weltkrieg zum Hort für Arbeitsstätten und Jobs aus Norditalien entwickelt hat. Die Geschichte ist bekannt. Aber: Was war da der konkrete Auslöser? Und steckt eine Strategie dahinter? Dem historischen Lexikon ist zu entnehmen, dass insbesondere Steuervergünstigungen dazu führten, dass ab 1950 die Tessiner Wirtschaft zu boomen begann.

«Im Südtessin haben sich», schreibt Straumann weiter, «in den letzten drei Jahrzehnten über 200 internationale Unternehmen aus der Modebranche angesiedelt, die hauptsächlich italienische Grenzgänger anstellen.» Den Schweizer Institutionen wurde offenbar mehr vertraut als jenen im südlichen Nachbarland. Die Qualität der Rahmenbedingungen, die durch die Pflege einer ständigen Entwicklungsperspektive verbessert wird, ist somit ein klarer Auslöser von Erfolgen. Qualitativ hochstehende Institutionen. Solches kommt nicht über Nacht. Vertrauen schaffen ist ein Marathon.

Auch eine Studie von BAK Economics in Basel verdeutlicht die Entwicklung durch statistische Analysen. So sind die wirtschaftlichen Wachstumsraten im Tessin höher als im grenznahen Ausland. Auch das Wohlstandsniveau ist im Tessin höher obwohl hier der Effekt der Grenzgänger eigentlich abgezogen werden müsste, da er in der Schweiz anfällt, aber in Italien realisiert wird. Das BIP Pro Kopf ist in den italienischen Grenzprovinzen lediglich halb so hoch wie im Tessin.

Standortförderung ist ein Mindset, der alle Belange und Bereiche des institutionellen Handelns auf die Zukunft gerichtet umfasst.

Deshalb haben Gemeinden gut daran getan, eine explizite Funktion für Standortförderung zu schaffen und entsprechend zu dotieren.

Mehr Einblick in das systemische Kommunalmanagement vermittelt mein Buch zum Thema.